„Pro Gaza”-Demonstranten skandieren in ganz Deutschland antisemitische Parolen. „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!” Niemals seit 1945 dürfte es auf deutschen Straßen zu offeneren antisemitischen Bekundungen gekommen sein als in den letzten Tagen.
Teilnehmer einer pro-palästinensischen Kundgebung demonstrieren am 21. Juli 2014 vor der Israelischen Botschaft in Berlin.
Im Internet kursieren sie, die kurzen oder längeren Videos, die Passanten und Teilnehmer bei den Anti-Israel-Demonstrationen der vergangenen Tage aufgenommen haben. In Berlin, Göttingen, Essen, in Mainz, Mannheim - und in Nürnberg, wo eine Gruppe Jugendlicher - dem Augenschein nach in der Mehrheit mit Migrationshintergrund - mit palästinensischen und türkischen Fahnen das „Burger King”-Schnellrestaurant am Bahnhof stürmte und dort „Kindermörder Israel” skandierte. Offenbar in der Annahme, dass es sich bei dem Fastfood-Restaurant um ein „jüdisches Geschäft” handelt.
Allein die Identifikation Israels mit „Burger King” ist absurd. Dass aber (tatsächlich oder bloß vermeintlich) in jüdischem Besitz befindliche Geschäfte zum Ziel antijüdischer Kundgebungen werden, 81 Jahre nach dem NS-Judenboykott vom April 1933 und 76 Jahre nach der Pogromnacht von 1938, verschlägt einem die Sprache.
„Kindermörder Israel”, dieser auf fast allen Videos der „Pro Gaza-Demonstrationen” zu hörende Ruf hat mit „berechtigter Israel-Kritik” nichts mehr zu tun. Das ist Vokabular aus dem Giftschrank der Antisemiten. Der kindermordende (und brunnenvergiftende) Jude ist eines der ältesten Bilder des Judenhasses. Es wurzelt im christlichen Mittelalter.
In Essen riefen sie „Scheiß Jude, brenn!”, in Berlin „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!” oder „Scheiß Juden, wir kriegen Euch!”. Und sie jagten ein Touristen-Ehepaar aus Israel, das von der Polizei geschützt werden musste. In Göttingen griffen Demonstranten die Teilnehmer einer pro-israelischen Gegenkundgebung an und verletzten mehrere Menschen. In Essen ermittelt die Polizei wegen eines geplanten Angriffs auf die örtliche Alte Synagoge.
Niemals seit 1945 dürfte es auf deutschen Straßen zu offeneren antisemitischen Bekundungen gekommen sein als in den letzten Tagen. Es waren keine versprengten Neonazi-Irren. Tausende waren es in ganz Deutschland. Es waren - begleitet von Sympathisanten der Linkspartei - vor allem Muslime und vor allem Jugendliche.
Nicht nur Flaggen Palästinas sind auf den Videos von den Demonstrationen in Deutschland zu sehen, sondern auch viele türkische Fahnen. In Istanbul griffen Demonstranten in der Nacht zum Freitag das israelische Generalkonsulat an, sie warfen Fensterscheiben ein und versuchten, das Gelände zu stürmen. Der türkische Premierminister Erdogan hatte das Vorgehen der israelischen Armee zuvor als „Versuch des systematischen Völkermords” bezeichnet. Israel sei schlimmer als Hitler: Die Israelis, so Erdogan, „haben kein Gewissen, keine Ehre, keinen Stolz. Jene, die Hitler Tag und Nacht verurteilen, haben Hitler in Sachen Barbarei übertroffen.”
Jeder Tote in diesem neuen blutigen Konflikt im Heiligen Land ist einer zu viel. Doch wie fatal ähnlich sind sich „Islam-Kritiker” und die „Israel-Kritiker”, die sich nun zu Wort melden! Es verbindet sie die Attitüde des „Das wird man wohl noch sagen dürfen”. Dahinter verbirgt sich Hass.
Vielleicht lässt sich der entscheidende Unterschied im Gaza-Konflikt so auf den Punkt bringen: Israel setzt seine Waffen ein, um seine Zivilisten zu schützen. Die Hamas setzt ihre Zivilisten ein, um ihre Waffen zu schützen.
Die Hamas, auch das übersehen die „Israel-Kritiker” nur zu gern, bestreitet das schiere Existenzrecht Israels. Viele Muslime weltweit denken ähnlich, aber genau hierin, in der Anerkennung des Existenzrechts Israels, läge die Wurzel für den Frieden.
Israel ist ein Land mit vielen inneren und äußeren Konflikten. Man muss nicht einverstanden sein mit Israels Regierung. Aber auch das ist ein Unterschied zu den totalitären Hamas-Regimes dieser Welt. Um den Unterschied zwischen einer freien, rechtsstaatlichen Gesellschaft und einer von religiösem Wahn getriebenen Gewaltherrschaft zu erkennen, muss man nicht einmal eine bestimmte Perspektive einnehmen, wie zum Beispiel die der Frauen.
Wer sich, wie die Demonstranten der „Pro Gaza”-Demonstrationen, faktisch oder ganz offen mit der Hamas und ihrem Terror solidarisiert, macht damit deutlich, dass er sich entweder nicht mit unserer Werteordnung identifiziert oder sie nicht verstanden hat.
In Verbindung mit den antisemitischen Hassausbrüchen erscheint es doppelt beunruhigend, dass neben dem Slogan „Kindermörder Israel” auch der muslimische Glaubensruf „Allahu akbar” (Gott ist größer) offenbar auf allen Demonstrationen in deutschen Städten zu hören war.
Die Hetz- und Hassreden der Nationalsozialisten, die Erfahrung der zwischen linken und rechten Extremisten zerquetschten Weimarer Republik haben sich in der Bundesrepublik im Gedanken von der „wehrhaften Demokratie” niedergeschlagen. Der schwierige Strafrechtsparagraf der Volksverhetzung gehört zu den Waffen dieser „wehrhaften Demokratie”. Er beschreibt eine Grenze der Meinungsfreiheit, ab der Hass und Hetze zur Straftat werden. In Berlin ermittelt der Staatsschutz nun wegen Volksverhetzung, unter anderem gegen einen muslimischen Prediger.
Doch es reicht nicht aus, die Sache „dem Staat” zu überlassen. Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen geht uns alle an.
Quelle: „Scheiß Jude, brenn!”
Siehe auch:
Vera Lengsfeld: Der neue Antisemitismus- von den Medien hofiert und von der Politik finanziert
Markus Vahlefeld: Antisemitismus: Meinhof, Kunzelmann, Ströbele, Todenhöfer, Erdogan u.a.
Akif Pirincci: Die dümmsten Kälber wählen ihren Schlachter selber
Alexander Kissler: Der Rücksturz in den Antisemitismus
Großbritannien: Die Islamische Republik von Tower Hamlets
Oliver Jeges: Wenn der palästinensische Mob tobt
Pierre Heumann: Israel: Tunnel sollen Kibbuzim durch Bomben zerstören
Akif Pirincci hilft Marc Latsch vom "Netz gegen Nazis"
Akif Pirincci: Die Vagina reinigt sich selbst
Claudio Casula: Vom Leid der palästinensischen Zivilisten
Teilnehmer einer pro-palästinensischen Kundgebung demonstrieren am 21. Juli 2014 vor der Israelischen Botschaft in Berlin.
Im Internet kursieren sie, die kurzen oder längeren Videos, die Passanten und Teilnehmer bei den Anti-Israel-Demonstrationen der vergangenen Tage aufgenommen haben. In Berlin, Göttingen, Essen, in Mainz, Mannheim - und in Nürnberg, wo eine Gruppe Jugendlicher - dem Augenschein nach in der Mehrheit mit Migrationshintergrund - mit palästinensischen und türkischen Fahnen das „Burger King”-Schnellrestaurant am Bahnhof stürmte und dort „Kindermörder Israel” skandierte. Offenbar in der Annahme, dass es sich bei dem Fastfood-Restaurant um ein „jüdisches Geschäft” handelt.
Allein die Identifikation Israels mit „Burger King” ist absurd. Dass aber (tatsächlich oder bloß vermeintlich) in jüdischem Besitz befindliche Geschäfte zum Ziel antijüdischer Kundgebungen werden, 81 Jahre nach dem NS-Judenboykott vom April 1933 und 76 Jahre nach der Pogromnacht von 1938, verschlägt einem die Sprache.
„Kindermörder Israel”, dieser auf fast allen Videos der „Pro Gaza-Demonstrationen” zu hörende Ruf hat mit „berechtigter Israel-Kritik” nichts mehr zu tun. Das ist Vokabular aus dem Giftschrank der Antisemiten. Der kindermordende (und brunnenvergiftende) Jude ist eines der ältesten Bilder des Judenhasses. Es wurzelt im christlichen Mittelalter.
In Essen riefen sie „Scheiß Jude, brenn!”, in Berlin „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!” oder „Scheiß Juden, wir kriegen Euch!”. Und sie jagten ein Touristen-Ehepaar aus Israel, das von der Polizei geschützt werden musste. In Göttingen griffen Demonstranten die Teilnehmer einer pro-israelischen Gegenkundgebung an und verletzten mehrere Menschen. In Essen ermittelt die Polizei wegen eines geplanten Angriffs auf die örtliche Alte Synagoge.
Niemals seit 1945 dürfte es auf deutschen Straßen zu offeneren antisemitischen Bekundungen gekommen sein als in den letzten Tagen. Es waren keine versprengten Neonazi-Irren. Tausende waren es in ganz Deutschland. Es waren - begleitet von Sympathisanten der Linkspartei - vor allem Muslime und vor allem Jugendliche.
Nicht nur Flaggen Palästinas sind auf den Videos von den Demonstrationen in Deutschland zu sehen, sondern auch viele türkische Fahnen. In Istanbul griffen Demonstranten in der Nacht zum Freitag das israelische Generalkonsulat an, sie warfen Fensterscheiben ein und versuchten, das Gelände zu stürmen. Der türkische Premierminister Erdogan hatte das Vorgehen der israelischen Armee zuvor als „Versuch des systematischen Völkermords” bezeichnet. Israel sei schlimmer als Hitler: Die Israelis, so Erdogan, „haben kein Gewissen, keine Ehre, keinen Stolz. Jene, die Hitler Tag und Nacht verurteilen, haben Hitler in Sachen Barbarei übertroffen.”
Jeder Tote in diesem neuen blutigen Konflikt im Heiligen Land ist einer zu viel. Doch wie fatal ähnlich sind sich „Islam-Kritiker” und die „Israel-Kritiker”, die sich nun zu Wort melden! Es verbindet sie die Attitüde des „Das wird man wohl noch sagen dürfen”. Dahinter verbirgt sich Hass.
Vielleicht lässt sich der entscheidende Unterschied im Gaza-Konflikt so auf den Punkt bringen: Israel setzt seine Waffen ein, um seine Zivilisten zu schützen. Die Hamas setzt ihre Zivilisten ein, um ihre Waffen zu schützen.
Die Hamas, auch das übersehen die „Israel-Kritiker” nur zu gern, bestreitet das schiere Existenzrecht Israels. Viele Muslime weltweit denken ähnlich, aber genau hierin, in der Anerkennung des Existenzrechts Israels, läge die Wurzel für den Frieden.
Israel ist ein Land mit vielen inneren und äußeren Konflikten. Man muss nicht einverstanden sein mit Israels Regierung. Aber auch das ist ein Unterschied zu den totalitären Hamas-Regimes dieser Welt. Um den Unterschied zwischen einer freien, rechtsstaatlichen Gesellschaft und einer von religiösem Wahn getriebenen Gewaltherrschaft zu erkennen, muss man nicht einmal eine bestimmte Perspektive einnehmen, wie zum Beispiel die der Frauen.
Wer sich, wie die Demonstranten der „Pro Gaza”-Demonstrationen, faktisch oder ganz offen mit der Hamas und ihrem Terror solidarisiert, macht damit deutlich, dass er sich entweder nicht mit unserer Werteordnung identifiziert oder sie nicht verstanden hat.
In Verbindung mit den antisemitischen Hassausbrüchen erscheint es doppelt beunruhigend, dass neben dem Slogan „Kindermörder Israel” auch der muslimische Glaubensruf „Allahu akbar” (Gott ist größer) offenbar auf allen Demonstrationen in deutschen Städten zu hören war.
Die Hetz- und Hassreden der Nationalsozialisten, die Erfahrung der zwischen linken und rechten Extremisten zerquetschten Weimarer Republik haben sich in der Bundesrepublik im Gedanken von der „wehrhaften Demokratie” niedergeschlagen. Der schwierige Strafrechtsparagraf der Volksverhetzung gehört zu den Waffen dieser „wehrhaften Demokratie”. Er beschreibt eine Grenze der Meinungsfreiheit, ab der Hass und Hetze zur Straftat werden. In Berlin ermittelt der Staatsschutz nun wegen Volksverhetzung, unter anderem gegen einen muslimischen Prediger.
Doch es reicht nicht aus, die Sache „dem Staat” zu überlassen. Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen geht uns alle an.
Quelle: „Scheiß Jude, brenn!”
Siehe auch:
Vera Lengsfeld: Der neue Antisemitismus- von den Medien hofiert und von der Politik finanziert
Markus Vahlefeld: Antisemitismus: Meinhof, Kunzelmann, Ströbele, Todenhöfer, Erdogan u.a.
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Großbritannien: Die Islamische Republik von Tower Hamlets
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