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ZEIT: Die 5-Prozent-Sperrklausel widerspricht der Demokratie

Von Étienne Noir

So sähe die Sitzverteilung im Bundestag aus, wenn es keine 5%-Klausel gäbe.

1953 wurde die Sperrklausel von fünf Prozent bei Wahlen eingeführt. Sehr viele Parteien sind seitdem daran gescheitert. Nur selten gelang es neuen Parteien, die Hürde zu überspringen. Offiziell wird dies damit begründet, man müsse das Parlament durch ein undemokratisches Ausgrenzen von kleineren Mitbewerbern „handlungsfähig“ halten, sozusagen das unmündige Volk bei der Abgabe der Stimme erziehen. Kritische Demokraten sehen dies jedoch anders.

Gerne wird von SPD und CDU die Geschichte von der angeblichen Notwendigkeit der umstrittenen Sperrklausel von fünf Prozent bei Bundes- und Landtagswahlen und seit kurzer Zeit von drei Prozent bei der Europawahl gepredigt. Womöglich käme eine oppositionelle, sich von den Blockparteien abhebende Partei ins Parlament. Dies würde dem „Ansehen der Bundesrepublik schaden“, so diejenigen, die nicht von den üppigen Trögen der Macht weichen wollen.

Weil es natürlich viel bequemer ist, im inzestuösen Miteinander ohne (nennenswerte) oppositionelle Kontrolle das Volk übers Ohr zu hauen, hat man sich damals in Bonn gedacht, dass die Sperrklausel doch überall, also auch auf der kommunalen Ebene eingeführt werden sollte. In Rathäusern werden Fragen im Stadt- bzw. Gemeinderat abgestimmt. Dazu braucht es keine „Rathausregierung“. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht 2008 die unsinnige Regel der kommunalen Sperrklausel gekippt.

Die Begründung der Vertreter von SPD und CDU waren offenbar sogar dem Gericht zu sehr an den Haaren herbei gezerrt. 2011 ließ Karlsruhe dann die unsinnige Klausel bei der Europawahl fallen und gab damit dem Parteienkritiker und Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim Recht. Ein Schlag ins Gesicht der Funktionäre der Altparteien.

Im EU-Parlament, das ohnehin gegenüber den Kommissaren und diversen Lobbygruppen wenig zu melden hat, sind jetzt schon rund 160 verschiedene Parteien vertreten. Die von einer unheilligen Allianz aus Union, SPD, Grünen und FDP dargelegten Gründe einer angeblichen Zersplitterung und damit Handlungsunfähigkeit des Parlamentes bei einem Fall der Sperrklausel, werden damit als das gezeigt, was sie sind: Verlogen.

Den Berliner Kartellparteien geht es einzig darum, möglichst viele bequeme EU-Sitze als Versorgungsposten für die eigenen Parteibuchinhaber zu sichern. Echter demokratischer Wettbewerb ist ihnen dabei hinderlich. Deshalb folgte im Juni 2013, ganz in der Tradition der den Etablierten innewohnenden Verachtung des Wählerwillens und richterlicher Urteile, eine Klausel von drei Prozent. Darüber dürfte sich die FDP insgeheim mittlerweile ärgern und erst recht fürchten.

Die ZEIT nimmt sich jetzt der Sperrklauseln in einem lesenswerten Artikel an. Sie moniert das Demokratiedefizit und die fehlende Berechtigung für eine derartige Beeinflussung und Verfälschung des Wählerwillens und der damit einhergehenden Schädigung der Demokratie. Fazit: „Die Sperrklausel widerspricht den Grundsätzen der Demokratie.“ Weiter heißt es:
Sieben Millionen. Oder 15,7 Prozent. Das ist der Anteil der Stimmen, die bei der Bundestagswahl am 22. September verloren gegangen sind. Nicht weil die Post schlechte Arbeit bei den Wahlbenachrichtigungen geleistet hätte, die Stimmen ungültig gewesen oder falsch ausgezählt worden wären. Sondern weil es in Deutschland eine Sperrklausel von fünf Prozent gibt.

Erstmals sind bei der Bundestagwahl an dieser Klausel vier Parteien gescheitert, die alles andere sind als unseriöse Splittergruppen. Während die FDP 4,8 Prozent erreichte, kam die AfD auf 4,7 Prozent. Die Piraten und die Freien Wähler verfehlten mit jeweils 2,2 und einem Prozent ebenfalls den Einzug in den Bundestag. Ohne die Sperrklausel hätte die FDP 29, die AfD 28, hätten die Piraten 13 und die Freien Wähler 6 Abgeordnete im Bundestag. [...]
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Quelle: ZEIT: Sperrklausel widerspricht Demokratie

Achotschreibt:

Die Sperrklausel bedeutet aktuell, das CDU/CSU und SPD, die 67,2% der abgegebenen Wählerstimmen inne haben, im Bundestag eine Entscheidungsgewalt von 79,8% haben. Also 12,6% Machtgewinn durch Sperrklausel.

Powerboyschreibt:

Die Bundesrepublik Deutschland hat weltweit gesehen neben der Türkei (10%-Sperrklausel) die strengsten Sperrvorschriften gegen kleine Parteien. Kein einziges Land in der EU hat für die Europawahl eine Sperrklausel! Nur Deutschland! Wieso wohl?

Siehe auch:
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