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Hamburg: Bahrenfelder Pflegeheim schließt für Flüchtlinge

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Von N. Aswadund R. Sawatzki

Bahrenfeld: Riesen-Ärger im Pflegeheim am Lutherpark!

Inge Haase (83): „Meine Mutter wollte hier leben, weil mein Vater und meine Großeltern in der Nähe begraben sind. Sieist dement und wird nicht verstehen, warum sie hier weg soll.“

Das Pflegeheim am Lutherpark. Hier sollen bald Flüchtlinge einziehen.

Michael Groth (60) mit Mutter Margot (86): „Ich verstehe nicht, was das soll, fühle mich hilflos. Meine Mutter lebt erst seit November hier, und jetzt soll sie schon wieder umziehen?“

Harald Hollersee (64): „Ich habe nur per Zufall erfahren, dass es heute überhaupt ein Treffen gibt – jemand hat meinem Vater den Brief einfach auf den Tisch gelegt. Eine bodenlose Frechheit!“

200 Angehörige und Bewohner der Einrichtung am Holstenkamp 119 waren dabei, als der private Betreiber „Pflegen und Wohnen“ gestern offiziell erklärte, dass das Heim zum 1. Juni 2014 geschlossen wird. Danach sollen 330 Flüchtlinge einziehen. Zuhörerin Inge Haase (83): „Meine Mutter ist 104. Für sie wäre ein Umzug das Todesurteil.“

Dass sie ausquartiert werden, mussten viele der Bewohner aus der Zeitung erfahren, entsprechend aufgeheizt war die Stimmung.

Und dann das: „Pflegen und Wohnen“-Chef Johannes Kamm erklärte vor Ort, man wolle die „Gelegenheit nutzen, den Betrieb geordnet aufzugeben.“ Reaktion der Zuhörer: Buh-Rufe und höhnisches Gelächter. Aus SPD-Kreisen verlautete mittlerweile, man fühle sich hinters Licht geführt: „Pflegen und Wohnen“ habe angegeben, das Heim sei nicht ausgelastet, obwohl 149 Menschen dort leben.

BILD weiß: Bis zum 31. März 2014 können sowohl der Heim-Betreiber als auch Neu-Mieter „Fördern und Wohnen“ von dem Vertrag zurücktreten. Sozialbehörden-Sprecher Marcel Schweitzer (33): „Wir brauchen jede Fläche, aber wenn es am Holstenkamp nicht geht, dann halt nicht.“

Quelle: Bahrenfelder Pflegeheim schließt für Flüchtlinge - „Für meine Mutter ist der Umzug das Todesurteil“

Hamburger Abendblatt
am 19.02.2014:

Hamburg-Bahrenfeld: Pflegeheim am Lutherpark soll Flüchtlingen weichen

Betreiber will 160 Bewohner umquartieren und Häuser an die Stadt vermieten. Auch die Mitarbeiter des Heims sollen in andere Einrichtungen wechseln. SPD und Behörden fühlen sich getäuscht.

Hamburg. Axel Caben ist 78 Jahre alt, seine Beine kann er nur noch mühsam und langsam bewegen, auf dem weitläufigen Parkgelände des Pflegeheims am Lutherpark in Bahrenfeld stützt er sich zum Fortbewegen auf einen Rollator. Doch das hindert ihn nicht, sich dort mit seinem Besuch zu treffen, um seine Argumente vorzubringen. Eine Schweinerei sei das, was mit den etwa 160 Bewohnern des Heimes derzeit gemacht werde, sagt er. „Mehr als das sogar, man kann uns doch hier nicht einfach von heute auf morgen herausreißen“, sagt er.

Eine Nachricht aus dem Hamburger Abendblatt vom vorigen Sonnabend hatte den Vorsitzenden der Bewohner-Vertretung fassungslos gemacht. Der Heimträger, das private Unternehmen Pflegen&Wohnen, hatte am vergangenen Donnerstag den Hauptausschuss der Bezirksversammlung Altona über die neue Pläne für das Heim informiert. Dort sollen schon vom Sommer an rund 330 Flüchtlinge [Hamburg fehlt Platz für 3.700 Flüchtlinge] untergebracht werden, für die Hamburg derzeit an vielen Orten der Stadt dringend neue Unterkünfte sucht.

Verträge dafür sind bereits unterzeichnet, Pläne gemacht – doch die Bewohner und ihre Angehörigen wurden darüber nicht informiert. Erst am Donnerstag soll es zu dem Thema im Haus eine Informationsversammlung geben. Geplant ist, die Bewohner auf andere Einrichtungen des Unternehmens zu verteilen. „Das hat uns völlig vor den Kopf gestoßen, wir haben hier doch auch Freundschaften geschlossen“, sagt Caben, der früher einmal Direktor des Harburger Theaters war. Seit 2001 lebt er in dem Pflegeheim. „Viele von uns haben jetzt Angst“, sagt er.

Doch offensichtlich sind sowohl die Sozialbehörde als auch die Bezirkspolitik von anderen Voraussetzungen ausgegangen, als sie Zustimmung für das Projekt signalisierten. Man sei über die Kommunikation von Pflegen&Wohnen richtig sauer, verlautete es aus Behördenkreisen. „Wir dachten, die Bewohner sind in die Pläne eingebunden – ich bin total verärgert“, sagt auch der Altonaer SPD-Bezirksfraktionschef Thomas Adrian, bei dem am Wochenende bereits etliche Beschwerden verärgerter Bewohner und Angehöriger aufgelaufen waren.

Jetzt müssen zunächst die Reaktionen der Betroffenen abgewartet werden, sagt Adrian. Notfalls müssten die Pläne auch gestoppt werden. „Zur Umwandlung in ein Flüchtlingsheim ist eine baurechtliche Genehmigung des Bezirks notwenig – das ist unser Hebel“, sagt Adrian. Und auch in der Sozialbehörde drängt man offensichtlich nicht mehr auf eine rasche Umsetzung. Es gebe in diesem Fall keine Eile, „und wenn es dort nicht geht, dann geht es eben nicht“, sagt ein Behördensprecher.

Tatsächlich war Pflegen&Wohnen offensichtlich an die Behörde herangetreten und hatte die Gebäude 2 und 3 des Heims am Holstenkamp 119 für Flüchtlingsunterkünfte direkt angeboten. Das 2007 privatisierte Pflegeheim-Unternehmen begründet den Schritt mit der mangelnden Wirtschaftlichkeit des Heims. Trotz „größter Anstrengungen“ sei der hohe Versorgungsstandard für die Bewohner nicht mehr wirtschaftlich realisierbar, heißt es in einer Mitteilung. Es gebe dort zu viele bauliche Beschränkungen.

AUCH DIE MITARBEITER DES HEIMS SOLLEN IN ANDERE EINRICHTUNGEN WECHSELN

Als „unabwendbare Konsequenz“ müsse daher im Frühjahr 2014 die Arbeit am Standort eingestellt werden. Den Bewohnern sollen nun gleichwertige Plätze in den anderen zwölf Häusern von Pflegen&Wohnen angeboten werden. Zudem werde man alle Kosten sowie die Organisation des Umzuges übernehmen, heißt es in der Mitteilung weiter. Die Mitarbeiter des Heims sollen ihre Arbeitsplätze im Unternehmen behalten und in andere Einrichtungen versetzt werden.

Asyleinrichtungen in Hamburg - Klicke auf das Bild, um es zu vergrößern.

Anschließend, so der Plan, werden die Gebäude an die Stadt vermietet, um dort Flüchtlinge und Asylbewerber unterbringen zu können. Ein Vorhaben, das die Sozialbehörde angesichts wachsender Flüchtlingszahlen zunächst begrüßt hatte. 10.851 Unterbringungsplätze gibt es derzeit in der Stadt verteilt.

Doch allen Prognosen zufolge muss Hamburg allein in diesem Jahr rund 3700 zusätzliche Plätze für die zugewiesenen Flüchtlinge organisieren. Für etwa 2500 Plätze hat die Stadt bereits Standorte im Blick. So zum Beispiel ganz in der Nähe des Lutherparks auf der anderen Seite der Autobahn7 an der Trabrennbahn – ebenfalls in Bahrenfeld. Wie berichtet, sind dort 14zweistöckige Pavillons geplant. Noch einmal weitere 288 Plätze für Flüchtlinge sollen dort an der August-Kirch-Straße 17 geschaffen werden.

Die beiden Gebäude des Pflegeheims am Holstenkamp sollen unterdessen vorwiegend mit Menschen belegt werden, die bereits längere Zeit in öffentlichen Gemeinschaftsunterkünften gelebt haben und jetzt aus gesundheitlichen oder familiären Gründen mit Vorrang abgeschlossene Wohnungen benötigten, hieß es in der Sozialbehörde. Der Bezug sei nach dem Umbau der Gebäude sukzessive frühestens im Spätsommer dieses Jahres vorgesehen.

Die Vermietung will Pflegen&Wohnen aber auf zehn Jahre begrenzen, allenfalls eine kurzfristige Verlängerungsoption einräumen. Denn dann wird voraussichtlich der geplante Lärmschutzdeckel über der nahen Autobahn7 fertig sein. Die Grundstücke links und rechts davon sollen dann Bauland werden – und damit höchst lukrativ im Falle eines kompletten Verkaufs.

Quelle: Hamburg-Bahrenfeld: Pflegeheim am Lutherpark soll Flüchtlingen weichen

Siehe auch:
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