Master mit 1,6 - Leben mit Hartz IV (sueddeutsche.de)
Dieser Beitrag im Blog unseres Projekts Die Recherche, das sich derzeit den Themen Arbeit und Ausbeutung widmet, stammt von einer jungen Leserin. Jasna, die nicht unter ihrem vollen Namen veröffentlichen möchte, berichtet von ihren Erfahrungen mit Armut und Hartz IV, die sie seit der Kindheit begleiten - trotz Einser-Abschluss, Berufserfahrung und einer Auszeichnung. >>> weiterlesenLiebe Jasna,
mit Tränen in den Augen habe ich am 27. Februar deinen Beitrag in der SÜDDEUTSCHEN gelesen, in dem du dein Leben mit Hartz IV schilderst. Der Bericht über die Ausweglosigkeit deiner Situation, welche dich als Hartzerin mit abgeschlossenem Studium sogar bis nach Saudi Arabien verschlug (?), berührte mich deswegen so intensiv, da auch ich in studentischen oder genauer studentinnenschen Kreisen sehr aktiv bin, wenn auch aus anderen Gründen als du.
Jeden Mittag sitze ich nämlich im Café gegenüber dem Uni-Hauptgebäude und ergötze mich an der Anmut der vorbeischlendernden weiblichen Studentenschaft mit dem Hintergedanken und Wunsch, daß von so viel Grazie auch für mich etwas abfallen möge, falls du verstehst, was ich meine. Dabei habe ich mich oft gefragt, was aus diesen atemberaubend attraktiven jungen Damen nach ihrem Studium einmal wird, wenn ihnen nicht gerade eine Zukunft als leichtbekleidete Gäste bei frivolen Partys in der Villa eines mittelalten Schriftstellers vorschwebt (man wird ja noch träumen dürfen). Durch dich jedoch wurde ich nun in die brutale Wirklichkeit einer After-Studium-Party hineingerissen:
"Seit meinen Großeltern bin ich die Erste, die einen Studienabschluss hat und die Erste in meiner Familie, die ihn in Deutschland gemacht hat. Meinen Master in Germanistik habe ich mit 1,6 abgeschlossen, mit 24 Jahren. Das war vor fast einem Jahr. Aber ich finde keine Festanstellung und bekomme seit Herbst Hartz IV."
Schlimm, Jasna. Aber ich weiß nicht, ob dir schon aufgefallen ist, daß sich zwischen diesen wenigen Sätzen die eigentliche Ursache deines Dilemmas verbirgt. "Master" und Abschlußnote 1,6 schön und gut, doch wenn du dich mit dem Fach "Germanistik" etwas eingehender auseinandergesetzt hättest, wärst du vielleicht von ganz allein drauf gekommen, warum du jetzt da stehst, wo du stehst. Ich nenne dir ein paar Zahlen: Im Wintersemester 2013/2014 waren 56 032 Frauen und 17 621 Männer, also insgesamt 73 653 Studenten in diesem Fach eingeschrieben. Allerdings muß du noch berücksichtigen, daß mit den dir zeitlich nahe stehenden Semestern der Vergangenheit noch einmal, wenn nicht sogar die doppelte Menge an Abschlüssen in Germanistik hinzukommen und in ein paar Jahren wieder so viele. Mit einem Wort, Jasna, du bietest eine Ware an, die mindestens bereits eine halbe Million Menschen in diesem Land anbieten, wenn nicht noch mehr.
Erschwerend kommt hinzu, daß für diese Ware überwiegend der Staat Verwendung hat, da sie zu einem verschwindend kleinen Teil einen Mehrwert generiert (Lehrer), der Rest ist mehr oder weniger Liebhaberei. Der Staat schafft für Absolventen der Geschwätzwissenschaften bereits jetzt mit Milliardensummen potemkinsche Arbeitsplätze in irgendwelchen überflüssigen Instituten und Vereinen, aber das reicht natürlich bei weitem nicht aus, um alle, die wertloses Zeug studiert haben, aufzufangen. Und was dir für deine Zukunft vorschwebt, läßt auch nix Gutes erahnen:
"Seit mehr als einem Jahr schreibe ich Bewerbungen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, als Social-Media-Redakteurin, politische Referentin und Lektorin. Bisher bekam ich immer nur Absagen."
Verstehe, auch du möchtest am Liebsten "irgendwas mit Medien" machen, allerliebste Jasna. Ich bin immer wieder erschüttert, zu erfahren, wie wenig heutzutage junge Menschen über Medien Bescheid wissen, wo sie doch im Gegensatz zu meiner Generation mit so vielen Medien wie nie zuvor aufgewachsen sind. Der unausrottbare Irrglaube, daß Medien nur dazu da sind, die eigene Botschaft unters Volk zu streuen, spielt dabei wohl die größte Rolle. Das ist aber grundlegend falsch. Medien sind in erster Linie gewinnorientierte Unternehmen, die Unterhaltung, Meinungen und News auf eine pointierte Weise und als ein monetäres Produkt an den Mann zu bringen versuchen. Das klassische Medienmodell jedoch stößt gegenwärtig wegen der digitalen Revolution und deren unterschiedlichen Auswirkungen an seine Grenzen, wirft immer weniger Geld ab und wird es in der Zukunft so wie wir es kennen nicht mehr geben.
Ich gebe dir ein Beispiel. Auf meiner Facebook-Seite habe ich fast 5000 "Freunde" und über 17 000 Abonnenten, und da auch jeder Wildfremde darauf schauen kann, gehe ich von einer Lesergemeinde von zirka 40 bis 50 000 Menschen aus. Somit haben meine regelmäßig erscheinenden Artikel ein größeres Publikum, als so manch eine Tageszeitung. Würde ich es technisch irgendwie hinkriegen, pro Leser und Monat auch nur 10 Cent zu verlangen, käme ich schon auf ein Managergehalt. Natürlich tue ich das nicht, weil ich der zweitreichste Typ nach diesem Aldi-Sohn in Deutschland bin und weil ich eine diebische Freude daran habe, die mediale Aufmerksamkeit von Produkten gestandener Medienhäuser weg- und auf mich zu lenken und sie so zumindest ein klein bißchen zum Wackeln zu bringen. Dieser Trend wird sich in Zukunft noch verstärken.
Was ich damit sagen möchte, ist, Jasna, daß du heutzutage medial entweder so ein Knaller wie ich sein oder einen Knaller nach dem anderen abliefern mußt, wenn du noch "irgendwas mit Medien" Kohle verdienen willst. Auf keinen Fall jedoch darfst du die abgedroschene linke Scheiße bringen, vermutlich sogar noch total humorlos und trocken vorgetragen, und dabei hoffen, daß du mit derartigen Textbausteinen aus dem Soziologieseminar-Baukasten auf ein anständiges Gehalt kommst. Womit du den Leuten da ein Ohr abkaust, kann man sogar Supermarkt-Regalauffüllern innerhalb einer Stunde beibringen:
"Stattdessen reise ich durch ganz Deutschland und mittlerweile auch ins Ausland, um für miese Honorare Vorträge über feministische Gesellschaftspolitik, Aktivismus und Gewalt im Netz zu halten."
Den Beweis meiner Worte lieferst du eigentlich selbst. Denn ohne es selbst zu merken, erwähnst du wie nebenbei, wie wertlos und am-Arsch-vorbei-gehend die Hyperventilation der Mainstream-Medien ist, wenn sich dafür keine Sau interessiert:
"Ich bin eine der Initiatorinnen des Hashtags #aufschrei, der mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet wurde."
Deinen Preis kannst du dir an den Hut stecken, liebe Jasna. Du hast das mit der Sexismus-Debatte damals nicht richtig verstanden. Das Thema war und ist in Wahrheit überhaupt nicht von Belang. Aber durch gegenseitiges Hochjazzens dieses Belästigungsdingens glaubten die Medien zu jener Zeit ihre Produkte besser zu verkaufen. Was eine Illusion war. Der STERN, der die Sache anstieß, hatte mit der besagten Nummer sogar die schlechteste Auflage aller Zeiten. Damit war die Geschichte begraben – und du aus dem Rennen.
"Ich bin kein Akademikerkind und so fehlt mir das Wichtigste, um erfolgreich zu sein: gute Beziehungen."
Schwachsinn! Ich bin ein Türkenkind und hab nur einen Hauptschulabschluß, und die einzige Beziehung, die ich in deinem Alter hatte, war die zu einer Nutte namens Elvira (dafür war sie allerdings wirklich eine Zirkusartistin im Bett). Dennoch saufe ich heute jeden Abend Wein für nicht unter 20 Euro pro Flasche. Aber wenn man wie du schon in so jungen Jahren längst verweste Sprüche vom Lager der ergrauten und verbeamteten Grünen wiederkäut und nur Phrasen kloppt, die schon vor zwanzig Jahren im Soziologieunterricht 6. Klasse die Schüler zum Einschlafen gebracht haben, tja, Jasna, daraus kann ja nix werden:
"Der Gedanke, dass wir alles schaffen können, wenn wir uns nur anstrengen, ist ein neokapitalistisches Märchen. Er blendet aus, dass Menschen unterschiedliche Startpositionen haben und welche Diskriminierungsstrukturen es gibt."
Also wenn du von mir eine ehrliche Antwort möchtest, Jasna, sehe ich für deine Zukunft ziemlich schwarz. Falls du noch auf einen grünen Zweig kommen möchtest, gibt es für dich vielleicht noch zwei Alternativen. Sieh zu, daß du irgendwie beim Staat angestellt wirst. Da dieser im Verbrennen des Geldes anderer Leute Übung hat, steht die Chance gar nicht mal so schlecht, daß ein paar Brosamen auch für dich abfallen. Dafür daß du nur Quatsch gelernt hast, den niemand braucht, bist du eigentlich damit gut bedient.
Die zweite Möglichkeit solltest dir aber ernsthaft durch den Kopf gehen lassen. Heirate einen scheiße aussehenden Facharbeiter namens Horst und laß dich von ihm viermal hintereinander schwängern. Glaub mir, scheiße aussehende Männer mit dem Namen Horst sind die zuverlässigsten und treuesten ever. Was mich persönlich angeht, so plane ich gerade für Ostern wieder einen Fünf-Sterne-Urlaub auf einer südländischen Insel. Falls eine oder mehrere der vor dem Café auf- und abschlendernden Studentinnen mitreisen möchten …
Quelle: Frau und Nachfrage
Noch ein klein wenig OT:
Sächsische Zeitung: Pegida-Chef Lutz Bachmann posierte nicht als Hitler!
Hätten Sie es gewusst? Am 21. Januar 2015 titelte die BILD „Bachmann posierte als Hitler“– und Zeitungen in der ganzen Welt druckten das Foto in ähnlicher Tonart ab. Nun fand die Sächsische Zeitung heraus: das Originalbild hatte keinen Bart – Bachmann posierte nicht als Hitler – die Zeitungen verbreiteten ein gefälschtes Bild. Das Hitler-Bärtchen wurde von einem Unbekannten nachträglich hineinretuschiert, um Bachmann noch martialischer wirken zu lassen. Ein Redakteur der Sächsischen Zeitung berichtete bereits am 15. Februar in einem langen Artikel über die Fälschung, aber weder BILD noch SPIEGEL oder WELT sahen sich zu einer Gegendarstellung veranlasst, obwohl sie laut Pressekodex dazu verpflichtet wären. >>> weiterlesen
Weitere Texte von Akif Pirincci
Siehe auch:
Video: Frankreich - Prostitution unter Schülern - 5.000 Mädchen betroffen
Siegburg (NRW): “Südländer” treten Polizisten bewußtlos
Akif Pirincci: Dass ich das noch erleben darf!
Hamburg: Brandanschlag auf “Hamburger Morgenpost” vor der Aufklärung
Video: ARD-Sportschau über HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten)
Oliver Jeges: Yasmin Fahimi: Das provozierende Sprachrohr der SPD
Akif Pirincci: Bitte erheben sie sich - im Namen der deutschen Gesinnungsjustiz